Agrarminister Cem Özdemir hat in zwei Jahren kaum etwas erreicht für Umwelt- und Tierschutz. Im Dieselstreit lobbyiert er für Bauern statt fürs Klima.

Spätestens bei der Bauerndemonstration am Montag in Berlin sollte Bundesagrarminister Cem Özdemir verstanden haben, wes Geistes Kind manche Landwirte sind. Und dass seine für einen Grünen sehr konfliktscheue Agrarpolitik nicht funktioniert. Obwohl auch Özdemir das Ausmaß der geplanten Kürzungen von Rabatten bei Diesel- und Kfz-Steuer für Agrarfahrzeuge kritisierte, buhten erboste Bauern ihn gnadenlos aus.

Der Vorstandssprecher der Bewegung „Landwirtschaft verbindet Deutschland“, Claus Hochrein, erntete Lacher, als er dem neben ihm stehenden Özdemir sagte: „Wenn ich Sie das erste Mal dann die letzten Tage vor der Presse gehört hab, hab ich mich gefühlt wie auf ’nem türkischen Basar.“ In Wirklichkeit habe Özdemir von den Kürzungsplänen gewusst.

Der Grüne ist der erste Bundesminister, dessen Eltern aus der Türkei eingewandert waren. Deshalb antwortete er Hochrein in seiner Rede, man könne „gerne über türkischen Basar reden … aber ich frage mich auch, ob Sie diese Reden auch schon gehalten haben bei früheren Regierungen, als es noch ’n bisschen anders aussah“. Die Tierrechtsorganisation Peta warf Hochrein vor, Özdemir „rassistisch beleidigt“ zu haben, sogar die Bild schrieb von einem „rassistischen Spruch“.

Als Pöbler auf der Demo den Minister gar nicht mehr zu Wort kommen ließen, bat Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied zwar um Respekt und Fairness, sodass Özdemir weiterreden konnte. Aber der Bauernchef distanzierte sich nicht von dem als rassistisch verstandenen Spruch. Vielleicht dämmert Özdemir jetzt: Die meisten Landwirte mögen einfach keine Grünen. Und deshalb hat es auch keinen Sinn, sie unnötig zu schonen. Jedenfalls nicht so stark, dass man seine eigenen WählerInnen aus dem Blick verliert.

Das ist das, was Özdemir in seiner bisherigen Amtszeit passiert ist. Die Grünen haben in der Landwirtschaft stets mehr Tier- und Umweltschutz gefordert. Denn die Branche trägt maßgeblich dazu bei, dass immer mehr Arten aussterben, das Grundwasser verschmutzt und das Klima belastet wird. Viele Tiere in deutschen Ställen leben unter ethisch nicht vertretbaren Bedingungen.

Deshalb waren die Hoffnungen groß, als Özdemir im Dezember 2021 als seit 16 Jahren erster Grüner die Leitung des Agrarministeriums übernahm. Doch er hat diese Erwartungen bisher noch nicht einmal im Ansatz erfüllt. Nach zwei Jahren geht es so gut wie keinem Tier besser, das Artensterben läuft ungebremst weiter. Ungebrochen ist der Trend, dass der Anteil der Landwirtschaft an den Treibhausgasemissionen in Deutschland steigt.

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  • Rayleigh@feddit.de
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    11 months ago

    Es ist echt erschreckend, wenn irgendwelche ein bisschen überambitionierten Jugendlichen auf einer FFF-Kundgebung jemanden mit Rastalocken nicht auf die Bühne lassen dann redet das ganze Land tagelang von nichts anderem und jeder Depp schreibt einen Kommentar dazu. Aber wenn der Landwirtschaftsminister auf offener Bühne von irgendwelchen rechten Bauerntölpeln angepöbelt und beleidigt wird, scheint das irgendwie keinen zu stören.