CDU-Chef Friedrich Merz hat sich mal wieder in einer Talkshow blamiert. Nicht zum ersten Mal wiederholte er rechtsextreme Narrative, nicht zum ersten Mal stellte er dabei die politische Haltung über die Fakten. Doch es geht hier nicht nur um Lügen über die Zähne von Migrant:innen. Hinter Merzs Statement steckt ein weiterer Versuch der Diskursverschiebung nach Rechts, der die Tür für die AfD weit aufmacht. Denn eine Lösung für das scheinbare Problem bietet auch Merz nicht an. Man kann nicht einfach Leute abschieben, nur weil es Herrn Merz gerade so gefällt. Dagegen stehen moralische Gründe – aber eben auch rein pragmatische Hindernisse.
Der Bettler fängt auch wegen deinen 5 Euro nicht an zu arbeiten und in die Rentekasse einzuzahlen. Wir brauchen mehr Leute, das wird viel zu oft ausgeklammert.
Das finde ich auch so einen unehrlichen Punkt in der ganzen Debatte: Es wird ständig zwischen Flüchtigen, Asylsuchenden und Wirtschaftsflüchtenden unterschieden. Später in der Diskussion heisst es dann, das sind ja alles Arbeitskräfte die wir brauchen.
Da ist es mir echt lieber wie klassische Einwanderungsländer wie Australien oder Kanada das regeln: Klare Kontigente für gesuchte Arbeitskräfte mit gute Regeln für die Staatsbürgerschaft. Alles klar beschrieben, wie es geht. Und dann separat die Aufnahme von Flüchtenden.
Bei uns in Europa ist das so ein diffuses Küddelmuddel bei dem dann alle demotiviert und frustriert sind.
Über klare Kontingente für gesuchte Arbeitskräfte kann man ja gerne reden. Und dann nachsehen: Wer ist denn schon hier? Mir ist es egal, warum jemand aus seiner Heimat auswandert oder flieht. Ich mache da ganz bewusst keinen Unterschied.
Wenn nach diesem ersten Schritt noch Leute fehlen, wäre ein Punktsystem wie in Kanada zum Beispiel eine Möglichkeit. Und wenn noch Geflüchtete (egal welches Etikett man denen dranpappt weil man ja anscheinend ohne Etiketten nicht leben kann) ohne eigenen Lebensunterhalt übrig bleiben… Herrgottnochmal! Wir sind eins der reichsten Länder der Welt. Die Peanuts werden sich doch wohl irgendwo finden lassen. Das sind wirklich nicht viele, und die brauchen unsere Hilfe, und keine Abschottung.
Auch nicht zu vergessen, dass auch bei diesen Flüchtlingen Integration stattfindet (und noch viel besser stattfinden könnte, wenn das denn politisch gewollt wäre). Der Flüchtling, der ohne Fachkraft zu sein, sich integriert und für seinen Lebensunterhalt aufkommt (oder es zumindest teilweise tut) wäre den Menschen noch egaler als die, für die sie mitbezahlen müssen. Genau deshalb werden halt nie Zahlen und Fakten genannt. Sonst würden die Menschen ja merken, wie sie verarscht werden…
Das Problem ist, dass dieses "diffuse Kuddelmuddel" gewollt ist.
Wie soll den ein Populist von Flüchtlingsschwemmen aus Syrien etc. erzählen, wenn den Leuten klar ist, dass in Wirklichkeit im ganzen letzten Jahr weniger als 0,15% der in Deutschland lebenden als Flüchtlinge herkamen? Oder das die Zahl der laut verteufelten Illegalen sich in den Tausendern bewegt (und die auch mehrheitlich nicht die beim Amt gemeldeten Menschen sind, die den Staat Geld und Arbeit kosten)?
Wir könnten problemlos über Zahlen an gewünschten Arbeitskräften reden und über die Anzahl an Menschen, die wir als Flüchtlinge aufnehmen können. Aber diese Zahlen, inklusive solcher Dinge wie der Anteil, der tatsächlich gut integriert und auch wenn es keine Fachkräfte sind für seinen Lebensunterhalt selbst sorgt (Ja, in Deutschland sind Menschen geduldet, weil sie gerade hier eine Ausbildung machen…), passen nunmal nicht zu den Geschichten, die erzählt werden sollen.
Und deshalb werden sie kontinuierlich ignoriert und in Narrativen ertränkt. Es geht nicht darum, dass wir nicht klare Zahlen hätten, mit denen wir arbeiten könnten. Es geht darum, dass die Treiber der Debatte keine an der Realität orientierte Debatte führen wollen.